Kurzbeschreibung
[Vanitas vanitatum] = (lat. Eitelkeit der Eitelkeiten): Alles ist eitel.
Gegenüberstellung von Leben und Tod, um die Vergänglichkeit zu
symbolisieren.
[v n t s]
Speichern von Information, Updates, Neuverlinkung, Upgrades, dynamische Webseiten, die sich fortlaufend auf dem aktuellsten Stand halten, in dem alte Information durch neue ersetzt wird und somit verloren ist, bestimmen die Archivierungskultur im Netz. Wobei die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Kultur von Pflege stammt und somit eigentlich nicht so recht in diesen Zusammenhang passen will. Wer pflegt denn die veralteten Daten? Wann gelten Daten als veraltet? Ist Information in diesem Augenblick wertlos, in dem es zum gleichen Thema neue Erkenntnisse gibt? Ist es somit wertlos zu wissen, wie Feuer erzeugt wurde, als es noch keine Streichhölzer gab? Oder ist es wertlos zu wissen, wie philosophische Gedanken und technische Innovationen vor 2000 Jahren unsere Kultur verändert haben? Wie will man aus einer
Vergangenheit lernen, die man nicht kennt, weil die Menschen dieser Zeit
es verabsäumt haben ihre Jetztzeit aufzuzeichnen. Die Speicherung der Jetztzeit macht nur Sinn, wenn wir davon ausgehen, dass es Sinn macht, dass sich die Menschheit "weiterentwickelt". Die Richtung und das Ziel sind ein anderes Thema.
Im letzten Jahrhundert hat das Medium Film viel dazu beigetragen,
Geschichte zu konservieren und der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu
machen. Bild- und Tondokumente von geschichtlichen Ereignissen erzeugen ein Pseudoerinnern, ein Placebo "ich -war-dabei" als Kennedy sagte "ich bin ein Berliner". Wir haben diese Bilder im Kopf und setzen sie zu einem Mosaik zusammen, das wir Erinnerung nennen. Dabei spielt es natürlich eine Rolle, ob wir "live" dabei waren oder nur Dokumentationsmaterial des Ereignisses gesehen haben. Trotzdem haben wir in beiden Fällen Bilder und Töne im Kopf, die wir anderen Menschen als Erinnerung weitervermitteln können.
Der Informationsgehalt von Filmbildern ist ein wesentlich größerer als
der einer mündlichen Überlieferung, eines Schriftstücks oder einer
Fotografie. Archivare und Chronisten aller Zeiten benutzten die
populärsten Medien zur Datenübertragung profaner Themen. Von der
mündlichen Überlieferung (Mythen, Legenden, Märchen), über Gesang
(fahrende Musiker, Minnegesang) zu Schauspiel, Fernsehen, Film und
Video, um nur einige zu nennen. Außerhalb der Volkskultur gab es
natürlich immer das Bestreben der Mächtigen in einer Gesellschaft das
eigene Schaffen und Wirken für die Nachwelt zu konservieren. Ägyptische Steininschriften berichten von den Heldentaten der Pharaone, von den wissenschaftlichen Leistungen ihrer Zeit, von gewonnen Kriegen und Naturkatastrophen. Später gelang es dem Verwaltungsapparat des römischen Imperiums die Datenmenge zu vergrößern und mit Zeichen in Stein und auf Papier ein riesiges Reich zu verwalten. Im Mittelalter war Datenspeicherung hauptsächlich Sache der Klöster, die gleichzeitig die Zensur verbotener oder nicht christlicher Inhalte innehatten. Handschriftlich wurden Texte kopiert und übersetzt, alte Schriften restauriert, Bruchstücke sortiert und wieder zusammengesetzt.
Mit Einsetzen des Buchdruckes verwandelte sich diese
Datenspeicherungslandschaft noch einmal sehr stark. Man war in der Lage enorme Stückzahlen des gleichen Buches herzustellen, was einer Vielzahl von Menschen den Zugriff auf diese Information ermöglichte. Lesen war die Voraussetzung dafür, an diesem Datenpool teilhaben zu können. Mit den Fähigkeiten Lesen und Schreiben ist es viel mehr Menschen möglich geworden, auf der technischen Ebene "richtiger" Archivare zu konservieren. Dadurch sind Pop-Phänomene des Chronismus, wie zum Beispiel Tagebuchschreiben und Videodokumentationen von Geburt, Taufe, erster Schulttag, Abschlussball, Hochzeit etc. in der gleichen Qualität
gespeichert wie die Landung von Apollo 9 auf dem Mond und Neil
Armstrongs erster Schritt auf dem Erdtrabanten sowie die Atomexplosion der Hiroshimabombe und der Skiurlaub in den Alpen.
Parallel zur Entwicklung und Verbreitung dieser Archivierungssysteme ist die Datenproduktion der westlichen Welt in den letzten zweihundert Jahren um ein Vielfaches angestiegen. Ein Problem könnte in den nächsten fünfzig Jahren werden, dass die Speichermedien, die wir heute benutzen, sehr kurzlebig sind. Digitale Speicher bestehen oft aus Materialien, die eine sehr geringe Halbwertszeit in Bezug auf verlustfreie Datenkonservierung aufweisen.
Was geschieht im Internet? immer mehr Bilder werden immer mehr Menschen zugänglich (Quantität ++). Immer bessere Kompressoren und Dateiformate filtern immer mehr Details aus diesen Bildern, um schnelleren Datentransfer (Geschwindigkeit ++) zuzulassen (Informationsgehalt --). Diese Bilder bekommen Ikonencharakter; Symbole ersetzen aufwändige Beschreibungen, Reduktion der Bildinformation und Detaildichte (Qualität? +-?).
KünstlerInnen / AutorInnen
- Dominik Rinnhofer, Idee/Konzept, HfG-Karlsruhe
MitarbeiterInnen
- Timo Piatkowski, Programmierung, HfG-Karlsruhe
- Ronald The, Programmierung/ Grafik, HfG-Karlsruhe
Entstehung
Deutschland, 2001-2002
Eingabe des Beitrags
dominik@aquaricon.de, 04.06.2002
Schlagworte
- Themen:
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