Kunstpädagogik zwischen Medienwirklichkeit und kreativer Medienkompetenz |
| Beim Scannen des Gesichtes für das Projekt "Scanman"
|
|
Pädagogische Instrumente "Neue Medien können nicht ohne weiteres zu pädagogischen Instrumenten umdefiniert werden." Die Einsicht ist simpel: der Computer wurde nicht für Lernzwecke erfunden und in seiner Gestalt bisher nicht zufrieden stellend den Anforderungen eines handlungsorientierten Lernens angepasst. Aus diesem Grund entstehen viele Sperrigkeiten und Konflikte bei der Einführung dieses neuen Mediums in den Bildungsprozess, die sich besonders im Feld des kreativen Handelns und Gestaltens bemerkbar machen.
Diese Grundannahme muss das Handeln im pädagogischen Feld "Multisensuelle Kunstpraxis unter Einbeziehung der Computertechnologie" bestimmen und die Auswahl bzw. Gestaltung von Methoden und curricularen Einzelschritten leiten. Sie gibt ein wesentliches Handlungsfeld für alle an einem solchen Unterricht Beteiligten vor: die Gestaltbarkeit und Gestaltungsnotwendigkeit des Computers als Werkzeug in kreativen Prozessen.
|
| "Multi-Tasking" - eine Schlüsselqualifikation in Sachen Medienkompetenz der Heranwachsenden?
|
|
Neues Lernen "Neue Medien bedingen Neues Lernen." Nur ein Beispiel aus dem Unterrichtsalltag soll die Dimension dieser Einsicht aufzeigen: gerade im kunstpraktischen Unterricht herkömmlicher Prägung erleben wir Kinder und Jugendliche zunehmend unaufmerksam und ungeduldig im Abarbeiten linear angelegter und zeitintensiver Aufgabenstellungen. Häufig und diesbezüglich ursächlich wird den Heranwachsenden ein negativer Einfluss ihres Mediengebrauchs außerhalb der Schule attestiert.
Andererseits erfahren wir gerade bei Einbeziehung neuer Medien in unseren kunstpraktischen Lehr- und Lernszenarios, hier besonders beim Stationenlernen, dass die Heranwachsenden viel eher als ihre LehrerInnen in der Lage sind, gleichzeitig an verschiedenen Problemstellungen zu arbeiten. Die Wandlung von "Zerstreutheit" und "Konzentrationsschwäche" zu einer Art "Multitasking-Fähigkeit" (die ja den Computer auszeichnet) scheint ein Hinweis auf ein Potenzial neuen Lernens der Heranwachsenden zu sein, das es pädagogisch zu ernten und nicht bewahrpädagogisch zu konterkarieren gilt.
|
| Im kreativen Schnittstellen-Gebrauch sind die Mädchen oft vorn ("Legetrick")
|
|
Mit der rechten Gehirnhälfte an die Computer "Neues Lernen (computergestützt) im kunstpraktischen Bereich scheint eher weiblich zu sein."
|
In den Werkstatt- und Stationensettings erfahren wir, dass Mädchen eher noch als Jungen die Voraussetzungen mitzubringen scheinen, um sich in offenen Werkstatt-Szenarios kreativ betätigen zu können. Auch gelingt ihnen das unkomplizierte Gegen-den-Strich-Bürsten des Computers und seiner Peripheriegeräte offensichtlich leichter, da sie eher ganzheitlich an das Werkzeug herangehen. Sie verfallen weniger dem männlichen Prinzip des "pfützeligen" (= geduldig linear kleinschrittigen) Abarbeitens einer Problemstellung . Ein weiteres Beispiel aus der MuSe Praxis, welches die Geschlechter-Differenz positiv wendete, ist das "Rollenspiel" als pädagogisches Steuerungsinstrument in allen Jahrgangsstufen. Durch die Einbettung von Aufgabenstellungen in fiktive Rahmenhandlungen, vom Märchen bis hin zu realer Firmenszenarios, können die LehrerInnen den sonst eher von den Jungen dominierten Zugang zu den Computern regulieren.
|
| Ein Blick in die Kunstunterrichtswerkstatt im digitalen Zeitalter
|
|
Kunst-Werkstatt im digitalen Zeitalter "Neues Lernen erfordert vor allem im kunstpraktischen Bereich veränderte Raum- und Zeit-Settings."
|
Da die hier skizzierten Unterrichtsansätze für die praktische Einbeziehung neuer Medien schwerlich in 45 Minuten-Einheiten sinnvoll zu realisieren sind, haben wir im Rahmen unserer Vorhaben "Werkstatt-Tage" eingerichtet, an denen bis zu zweimal im Schulhalbjahr ein ganzer Vormittag der jeweiligen Lerngruppe für den Kunstunterricht zur Verfügung steht. Nur so lassen sich - gekoppelt mit dem Werkstattprinzip - sinnvolle Lernszenarien aufbauen, die tatsächlich ein "multisensuelles Multitasking" zulassen und zu befriedigenden Ergebnissen führen.
|
| Hier findet Kunst nicht statt - die Sprachlabore früherer Jahre lassen grüßen!
|
|
Pädagogische Ergonomie "Die Werkzeuge müssen den Menschen angepasst werden und nicht umgekehrt."
|
Die mangelhafte pädagogische Ergonomie der handelsüblichen digitalen Werkzeuge, wie wir sie in unseren Unterrichtsvorhaben immer wieder erfahren haben, wurde an anderer Stelle schon moniert. Zu häufig ist der Computer als angeblich unveränderliches Lehr- und Lernwerkzeug in den Schulen eingeführt worden. Die besonderen Bedingungen des Unterrichtens wurden nicht reflektiert, wie es zum Beispiel bei der Erstellung eines guten Schulbuches selbstverständlich ist.
Was dann folgte, waren zwanghafte Anpassungsprozesse der beteiligten Menschen an die gegebenen Maschinen und nicht umgekehrt. Dem haben wir im Modellvorhaben MuSe Computer durch eine vom Inhalt und den Subjekten her definierte Gestaltung des Gerätes zu begegnen versucht, soweit das auf einem notgedrungen low-cost- und low-tech-level möglich war. Neben den digitalen Werkzeugen müssen konventionelle, kunstpraktische Arbeitsplätze vorhanden sein, um die Gleichzeitigkeit von Computer- und Hand-Arbeit in einem Raum zu ermöglichen.
|
|
|